Samstag, 2. April 2011

Rückblickend und vorausschauend; und doch ganz im Jetzt.

Obwohl das Leben hier für uns ziemlich alltäglich und recht gemächlich geworden ist, ist doch einiges passiert im letzten halben Jahr und ich ziehe Bilanz und möchte euch- die ihr die Nachricht über diesen Eintrag erhaltet- danken!

Die Zeit wurde reif für die Entscheidung ob die Kinder zur Schule sollen oder nicht, es war keine Leichte und das reifen hat sehr lange gebraucht. Permanent zurück in die Schweiz wäre eine Option gewesen, die andere sie hier in Indien einzuschulen. Beides kommt aus unterschiedlichen Gründen nicht in Frage zurzeit und deshalb haben wir uns nochmal intensivst mit dem Homeschooling beschäftigt, viel Material besorgt und regelmässig zu unterrichten angefangen. Noch sind sie im Kindergartenalter, Voraussagen zu machen über den Verlauf wäre anmassend, aber ich bin optimistisch. Noch stehen viele Entscheidungen an, welches Kurrikulum, wie lange - bis in welche Klasse, was steht auf dem Lehrplan..... aber genau wie die Zeit immer wieder die Lösungen gebracht hat ohne dass man sie mit Druck herbeiführen hätte können, werden wir sie uns auch diesmal nehmen und gehen vorerst alle zusammen mit Spass und Freude ans Lernen.

Viele Freunde haben wir diese Saison wiedergesehen, sowohl die Kinder als auch wir Erwachsenen, soviel Besuch gehabt dass wir schon mit einem Hotel verwechselt wurden. Es war nicht immer ganz leicht, am Höhepunkt teilten wir unser doch recht kleines Haus mit 8 weiteren Personen. Doch alles in allem wars einfach wunderbar. Wir haben auch tolle Menschen kennengelernt, viele Bekanntschaften die ich gar nicht mehr missen möchte. Ans Abschiednehmen habe ich mich zum Glück in den letzten Jahren gewöhnt und auch wenn da und dort ein Tränchen hätte fliessen mögen, so war ich doch immer glücklich die Menschen ziehen zu lassen in der Gewissheit dass man sich irgendwie, irgendwo, irgendwann wiedersieht. Somewhere over the rainbow :-)

Toll waren die kinderreichen Sonnenuntergänge, bis zu 20 Kinder im Alter von ein paar Monaten bis 8 Jahre waren am Strand zu einer Gang geworden. Es war ein Kommen und Gehen, aber jedes neue Kind war der Gruppe willkommen. Wenn ich mich manchmal nach mehr Einsamkeit und Ruhe sehnte, so weiss ich für nächste Saison, dass die dann irgendwann so mitte März kommen wird, mittlerweile ist der Strand nämlich wie ausgestorben, aber die Jungs haben zum Glück noch ihre Freundin Satya mit der sie täglich im Sand und in den Fluten spielen. 

Unser Geschäft hat einige Hürden zu überwinden gehabt, fast alle unserer Grossabnehmer haben im letzten Jahr ihre Läden aus verschiedensten Gründen geschlossen und zeitweise hatte ich befürchtet, nicht mehr weitermachen zu können. Um so dankbarer bin ich für die zwei neuen Kunden, um die Freunde die sie uns vermittelt haben und darum dass es doch weiter geht. 

Die Reisen zum Einkaufen unternehme ich mittlerweile allein, obwohl es mich grosse Überwindung kostet meine Familie zurück zu lassen weiss ich, dass es für sie sehr viel angenehmer ist zuhause als im Zug und im Hotel. Vor Ort bin ich so beschäftigt, dass ich kaum Zeit für einen Gedanken ausserhalb der Kleider habe. Bis heute macht es mir grossen Spass in diesen Bergen von Stoff zu wühlen und die tollsten Sachen rauszupicken. Die Ladenbesitzer kennen mich mittlerweile und ich freu mich daran, mich willkommen zu fühlen obwohl ich für die ein kleiner und wählerischer Fisch bin.

Unser Haus hat in dieser Saison einen neuen Anstrich bekommen, es leuchtet lila-orange auf dem Hügel und wir freuen uns daran hier zuhause sein zu dürfen. Alles ist teuer geworden in Gokarna, unsere Miete hat sich bald verdoppelt - wobei der Franken zum Glück auch mehr Rupies abwirft als vor ein paar Jahren - aber noch gehts, noch dürfen wir uns an der Ruhe hier oben freuen, an den nettten indischen Nachbarn, an der schönen Adresse (OM-Beach Road), an der Aussicht aufs Meer und die Palmen. Ein indisches Sprichwort sagt "die Welt ist eine Brücke, gehe darüber aber bau dir kein Haus darauf", danach möcht ich leben und so bin ich dankbar dass jemand uns ein Zuhause leiht und ich mich hier wohl fühlen darf aber mir gleichzeitig bewusst bin, dass alles nur temporär ist.

Die neuen indischen Regeln für die Ausländer- nach 6 Monaten raus, 2 Monate draussen bleiben- geben uns auch diesmal (Charly hat noch ein Touristenvisum) die Möglichkeit unseren Kram wetterfest zu verpacken und Gokarna zu verlassen für eine Weile. Bestimmt hätten wir das aus Bequemlichkeit nicht gemacht freiwillig, denn mittlerweile ist es so heiss dass man zwar weg will aber zu lethargisch ist etwas anzupacken solang man nicht muss. Nun gehts aber in ein paar Tagen los mit dem Zug in Richtung Norden. Über 50 Stunden werden wir reisen bis zur Grenze von Nepal. Danach dürfen die Kinder und ich Neuland entdecken und Charly sich über die Veränderungen wundern, war er doch vor über 15 Jahren das letzte Mal in Nepal. 

Ich bin sehr gespannt, freu mich auf ein anderes Klima, auf die Freunde die auf uns warten - viele der Strandgang sind dort jetzt, und die Kinder werden ihre Spielkameraden wiedersehen. Ich freu mich darauf eine neue Gegend kennenzulernen, vielleicht nur um dankbar hierher zurückzukehren, vielleicht um einen weiteren Ort zu finden, den wir immer wieder besuchen werden. 

Für dieses Jahr haben wir keine weiteren konkreten Pläne, ausser im Oktober wieder hier zu sein. Wir haben vielleicht Ideen und Wünsche, aber endlich bin ich - nach all den Jahren mit dem Ungewissen hadern - an dem Punkt an dem ich erwartungsvoll und entspannt in diese Offenheit gehen kann. Wir bleiben wos uns gefällt und strecken uns nach der Decke wie mein Vater sagen würde.

Danke euch allen, die uns lieb haben, die mit uns einen Teil des Weges gehen oder gingen, die uns immer wieder loslassen müssen und uns trotzdem mit offenen Armen wieder annehmen, die wiederkehren und die, die uns nur in Gedanken begleiten. Danke liebe Kunden, die ihr uns treu und zu Freunden geworden seid. Schön dass es euch alle gibt!